Misophonie:

Wenn Geräusche rasend machen

Das Hören ist ein komplexes und sehr vielschichtiges Themenfeld. Die Misophonie reiht sich ein in eine spannende Reihe von, jedoch für Betroffene zugleich höchst belastende, Hörstörungen, welche über die Grenzen der Norm hinweggehen. Denn Betroffene, welche unter Misophonie leiden, nehmen alltägliche Situationen ganz differenziert wahr. Wo für uns störende Geräusche eine Lappalie sind, da leiden Menschen mit Misophonie so richtig…

Nehmen wir an, wir haben eine Person namens Patricia. Patricia ist eine erfolgreiche Anwältin, die ihr Leben genießt und in ihrer Freizeit gerne liest und wandert. Es gibt jedoch eine Sache, die Patricias Alltag erheblich beeinträchtigt: Sie leidet unter Misophonie.

Patricia hat bemerkt, dass bestimmte Geräusche bei ihr starke negative emotionale Reaktionen hervorrufen. Eines dieser Geräusche ist das Klicken eines Kugelschreibers. Wenn jemand in ihrer Nähe mit einem Kugelschreiber klickt, fühlt sie sich sofort unwohl. Ihr Herz beginnt zu rasen, sie fühlt sich ängstlich und wütend und hat den starken Drang, das Geräusch sofort zu stoppen oder den Raum zu verlassen.

Ein weiteres Trigger-Geräusch für Patricia sind Essgeräusche. Wenn sie jemanden hört, der laut kaut oder schlürft, wird sie fast augenblicklich wütend. Sie hat Schwierigkeiten, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren, und fühlt sich oft gezwungen, die Situation zu verlassen. Dies hat dazu geführt, dass sie soziale Situationen, in denen Essen involviert ist, wie z.B. gemeinsame Mahlzeiten mit Freunden oder Kollegen, meidet.

Diese Reaktionen haben einen erheblichen Einfluss auf Patricias Leben. Sie fühlt sich oft gestresst und ängstlich und hat Schwierigkeiten, sich in Situationen zu entspannen, in denen sie befürchtet, dass ihre Trigger-Geräusche auftreten könnten. Sie hat auch festgestellt, dass sie sich oft isoliert fühlt, da es für sie schwierig ist, ihre Reaktionen auf diese Geräusche zu erklären und Verständnis von anderen zu erhalten.

Trotz dieser Herausforderungen hat Patricia Strategien entwickelt, um mit ihrer Misophonie umzugehen. Sie trägt oft Ohrstöpsel oder hört Musik über Kopfhörer, um ihre Trigger-Geräusche zu blockieren. Sie hat auch begonnen, mit einem Hörtherapeuten zu arbeiten, der ihr dabei hilft, ihre Reaktionen auf die Geräusche zu verstehen und Wege zu finden, um ihre emotionalen Reaktionen zu bewältigen.

Geht es Ihnen wie Patricia?

Misophonie: Wenn Geräusche zur Qual werden

Die Misophonie ist eine Störung, bei der bestimmte Geräusche bei Betroffenen einen starken emotionalen Reiz auslösen, der bis hin zu Hass und Wut reichen kann. Der Begriff Misophonie setzt sich aus dem griechischen Wort „misos“ für Hass und „phonia“ für Geräusch zusammen. Im Gegensatz zur Hyperakusis, bei der Schallwellen generell als unangenehm empfunden werden, können bei Misophonikern alle Arten von Geräuschen als Trigger wirken. Allerdings gibt es eine auffällige Häufung bestimmter Geräusche, wie zum Beispiel Essgeräusche, sich wiederholende Töne oder Regentropfen, die gegen Fensterscheiben prasseln. Betroffene reagieren typischerweise mit einer Abwehrreaktion auf den Trigger, die weit über ein unangenehmes Gefühl hinausgeht. Sie empfinden Hass oder Wut und möchten entweder gegen das Geräusch oder den Verursacher vorgehen oder sich so schnell wie möglich entfernen.

Derzeit ist die Misophonie noch keine anerkannte Krankheit und wird nicht in offiziellen Klassifikationssystemen für psychische Störungen und Erkrankungen aufgeführt.

Um die Symptome von anderen Hörsensibilitäten abzugrenzen, wird zuerst ein Fragebogen verwendet. Früher wurde Misophonie oft mit ADHS, Hochsensibilität oder Depressionen verwechselt. Forscher fanden heraus, dass der Ursprung von Misophonie vor allem in der Kindheit liegt. Dies ergibt logischen Sinn, da sich in dieser Phase des Lebens das Gehirn am meisten entwickelt. Der Frontalkortex und der auditive Kortex werden in dieser Zeit besonders intensiv ausgebildet. Junge Menschen beginnen, Dinge feiner zu hören und Geräusche anders zu bewerten.

Hirnscans von betroffenen Menschen haben gezeigt, dass die auditive Reizverarbeitung im Gehirn von Misophonikern anders ist als bei Menschen ohne Störung. Was letztendlich zu dieser Fehlentwicklung führt, ist noch nicht vollständig erforscht. Mögliche Ursachen sind unter anderem eine unbewusste Konditionierung, bei der Misophoniker negative oder traumatische Ereignisse mit Trigger-Geräuschen verbinden. Eine allgemeine Überlastung des Hörsinns kann auch eine Rolle spielen, obwohl Misophonie nicht mit der Lautstärke von Geräuschen reagiert. Eine Fehlbildung des Hörzentrums im Gehirn aufgrund von allgemeiner Reizüberflutung oder zu lauter Musik, Kopfhörer und ähnlichem kann ebenfalls eine Rolle spielen. Möglicherweise gibt es auch anatomische oder persönliche Faktoren, die zur Störung beitragen.

Effektive Behandlung von Hörverarbeitungsstörungen mittels Hörtherapie und Hörtraining

Um Störungen wie Misophonie zu behandeln, können Hörtherapien und Hörtrainings von ausgebildeten Hörtherapeuten eingesetzt werden. Diese Experten sind speziell im Bereich der kognitiven Hörwahrnehmung und -verarbeitung geschult. Ein Besuch bei einem Hörtherapeuten beginnt mit einem Vorgespräch, bei dem eine Anamnese durchgeführt wird. Danach folgen Fragebögen zur subjektiven Erfassung der Höreinschränkung, ein Hörscreening-Test und gegebenenfalls ein ausführlicher Test zur objektiven Erfassung der Hörverarbeitungseinschränkung. Falls ein Hörverlust vorliegt, wird dieser ebenfalls erfasst. Basierend auf diesen Erkenntnissen wird ein individueller Therapieplan oder Hörtrainingsplan erstellt, der von 4 Wochen (z.B. bei Stressmanagement) bis zu 12 Wochen (z.B. bei Tinnitus-Therapie) dauern kann.

Während einer Hörtherapie besucht der Patient einmal pro Woche einen Hörtherapeuten und führt täglich 45-90 Minuten Training mit Therapiegeräten durch. Anschließend folgt eine Entspannungsphase (der Zeitaufwand hängt von der Therapie ab). Die Kosten für die Therapie setzen sich aus Betreuungskosten und der Miete der Therapiegeräte zusammen.

Durch regelmäßige Anwendung von Hörtherapien können neue kognitive Verarbeitungsrituale konditioniert werden und bestehende Hörverarbeitungsstrukturen wieder integriert werden. Fast alle Symptome und Probleme im Zusammenhang mit einer Misophonie können durch Hörtraining behoben werden. Eine Hörgeräteversorgung kann ebenfalls von einem Hörtraining profitieren, da das Gehirn durch das tägliche Tragen des Hörgeräts trainiert wird und somit fit bleibt.

Um die verbesserte Hirnleistung aufrechtzuerhalten, ist es nicht notwendig, dauerhaft ein Hörtraining durchzuführen. Es reicht aus, das Gehirn regelmäßig zu stimulieren. Im Falle eines Hörverlustes bedeutet dies, dass das tägliche Tragen von Hörgeräten als Training genutzt werden kann, um das Gehirn fit und in Form zu halten.

Nehmen Sie unverbindlich Kontakt mit unserem Team bei Mohr hören auf und informieren sich über die Möglichkeiten Ihrer Misophonie zu begegnen.